Keimbahneingriffe im Namen der Freiheit? Eine Kritik der „liberalen Eugenik“ aus Perspektive der Politischen Theorie
Liberale Demokratien müssen in der Technologiepolitik Richtungsentscheidungen treffen, die die weitere Entwicklung der Demokratie erheblich beeinflussen werden. Solchen Richtungsentscheidungen müssen anspruchsvolle, intensiv geführte öffentliche Debatten über die Chancen, die Herausforderungen und die verantwortliche Gestaltung emergierender Technologien vorausgehen.
Die Habilitationsschrift leistet mit einer Analyse und Ergänzung des Freiheitsbegriffes liberaler Demokratien einen Beitrag zur dringend notwendigen öffentlichen Debatte im Bereich der emergierenden Biotechnologien. Mit der auch als Genschere bezeichneten CRISPR-Cas9-Technologie ist die Möglichkeit, vorgeburtlich Änderungen am Erbgut zukünftiger Personen vorzunehmen, technisch näher gerückt. Um zu beantworten, ob und unter welchen Voraussetzungen derartige Eingriffe in liberalen Demokratien jemals erlaubt, oder gar geboten sein könnten, müssen demokratische Grundwerte expliziert werden. Eine im Diskurs einflussreiche Position plädiert im Namen größerer elterlicher Reproduktionsfreiheit und im Namen erhöhter Freiheitschancen genetisch verbesserter Individuen für die Zulässigkeit vorgeburtlicher Eingriffe in das Erbgut zukünftiger Menschen. Die Habilitationsschrift setzt sich kritisch mit dieser Position einer „liberalen Eugenik“ auseinander und entwirft alternativ einen komplexen Freiheitsbegriff, der die körperliche und soziale Dimension von Freiheit ernst nimmt.
Die Hauptthesen der Arbeit lauten: Es ist nicht ausreichend, Freiheit als bloße Verfügungsmöglichkeit über Ressourcen oder Optionen zu verstehen. Ein komplexer Freiheitsbegriff muss einerseits das Selbstverhältnis einer Person, die immer auch als körperliche Person zu denken ist, berücksichtigen (ohne Selbstachtung und Könnensbewusstsein ist niemand frei).
Zum Anderen müssen die sozialen Voraussetzungen dieses für Freiheit notwendigen Selbstverhältnisses mitbedacht werden: Eine gesetzliche Erlaubnis zur Verfügung über die Körperlichkeit zukünftiger Menschen drückt zunächst wenig Respekt für die Selbstbestimmung des zukünftigen Menschen aus und könnte deshalb die Selbstachtung zukünftiger Menschen (als frei und gleich) gefährden. Wenn wir vom bürgerlichen Standpunkt potenzieller Gesetzgeber aus darüber nachdenken, ob und welche Eingriffe in das Erbgut zukünftiger Menschen wir gesetzlich zulassen sollten (sofern die Techniken einmal hinreichend sicher wären), dann sollten wir dies auf Basis eines komplexen Freiheitsbegriffes tun, der das Selbstverhältnis einer auch körperlich verstandenen Person (wie auch die sozialen und öffentlichen Dimensionen und Ermöglichungsbedingungen dieses Selbstverhältnisses) berücksichtigt.
Hier geht es zum Video des Science Slams:
Vita
zur Vita von PD Dr. Eva Odzuck
alle FAU Awards 2022
Keimbahneingriffe im Namen der Freiheit? Eine Kritik der „liberalen Eugenik“ aus Perspektive der Politischen Theorie
Liberale Demokratien müssen in der Technologiepolitik Richtungsentscheidungen treffen, die die weitere Entwicklung der Demokratie erheblich beeinflussen werden. Solchen Richtungsentscheidungen müssen anspruchsvolle, intensiv geführte öffentliche Debatten über die Chancen, die Herausforderungen und die verantwortliche Gestaltung emergierender Technologien vorausgehen.
Die Habilitationsschrift leistet mit einer Analyse und Ergänzung des Freiheitsbegriffes liberaler Demokratien einen Beitrag zur dringend notwendigen öffentlichen Debatte im Bereich der emergierenden Biotechnologien. Mit der auch als Genschere bezeichneten CRISPR-Cas9-Technologie ist die Möglichkeit, vorgeburtlich Änderungen am Erbgut zukünftiger Personen vorzunehmen, technisch näher gerückt. Um zu beantworten, ob und unter welchen Voraussetzungen derartige Eingriffe in liberalen Demokratien jemals erlaubt, oder gar geboten sein könnten, müssen demokratische Grundwerte expliziert werden. Eine im Diskurs einflussreiche Position plädiert im Namen größerer elterlicher Reproduktionsfreiheit und im Namen erhöhter Freiheitschancen genetisch verbesserter Individuen für die Zulässigkeit vorgeburtlicher Eingriffe in das Erbgut zukünftiger Menschen. Die Habilitationsschrift setzt sich kritisch mit dieser Position einer „liberalen Eugenik“ auseinander und entwirft alternativ einen komplexen Freiheitsbegriff, der die körperliche und soziale Dimension von Freiheit ernst nimmt.
Die Hauptthesen der Arbeit lauten: Es ist nicht ausreichend, Freiheit als bloße Verfügungsmöglichkeit über Ressourcen oder Optionen zu verstehen. Ein komplexer Freiheitsbegriff muss einerseits das Selbstverhältnis einer Person, die immer auch als körperliche Person zu denken ist, berücksichtigen (ohne Selbstachtung und Könnensbewusstsein ist niemand frei).
Zum Anderen müssen die sozialen Voraussetzungen dieses für Freiheit notwendigen Selbstverhältnisses mitbedacht werden: Eine gesetzliche Erlaubnis zur Verfügung über die Körperlichkeit zukünftiger Menschen drückt zunächst wenig Respekt für die Selbstbestimmung des zukünftigen Menschen aus und könnte deshalb die Selbstachtung zukünftiger Menschen (als frei und gleich) gefährden. Wenn wir vom bürgerlichen Standpunkt potenzieller Gesetzgeber aus darüber nachdenken, ob und welche Eingriffe in das Erbgut zukünftiger Menschen wir gesetzlich zulassen sollten (sofern die Techniken einmal hinreichend sicher wären), dann sollten wir dies auf Basis eines komplexen Freiheitsbegriffes tun, der das Selbstverhältnis einer auch körperlich verstandenen Person (wie auch die sozialen und öffentlichen Dimensionen und Ermöglichungsbedingungen dieses Selbstverhältnisses) berücksichtigt.
Hier geht es zum Video des Science Slams:
Vita
zur Vita von PD Dr. Eva Odzuck
alle FAU Awards 2022